Bildsäule und Drehstein in Kematen an der Ybbs

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Inschrift: "K.S.; T.S.; G.P."

Kurzbeschreibung: Einen Kilometer von Kematen Richtung Aschbach entfernt, steht auf einem kleinen Höhenrücken eine Bildsäule mit der Sonntagberger Dreifaltigkeit. Diese dürfte im 17./18. Jh. als Pestsäule errichtet worden sein. Am Sockel der Bildsäule ist die Jahreszahl 1848 eingemeißelt und im Sockel ist ein Drehstein eingearbeitet. Auf der einen Seite des Drehsteines sieht der Betrachter die Darstellung des gekreuzigten Heilands und die Buchstaben K.S.; auf der anderen Seite sind die Buchstaben T.S. eingemeißelt. Die beiden anderen Steinseiten sind mit G.P. gekennzeichnet. Die Abkürzungen deuten auf die Namen der Besitzer der beiden Höfe zu Pyhra hin. Die Jahreszahl 1848 dient zur ewigen Erinnerung an die Befreiung der Bauern aus der Leibeigenschaft. Dieser Drehstein wurde erst später an der Bildsäule angebracht.
Früher dürfte der Stein eine andere Funktion gehabt haben. Nach Form, Größe und Gewicht gleicht er jenen Bagsteinen (Zanksteinen), welche einst an den Prangern hingen und die zu tragen meist zänkischen Weibern nach einer Verurteilung vorbehalten war. Als für die ländliche Bevölkerung erst mit der Aufhebung der Untertänigkeit im Jahre 1848 das Mittelalter zu Ende ging, könnten die Menschen einen Bagstein symbolisch als Relikt vergangener Zeiten verwendet haben.
Und damit keiner der auf dem Stein Verewigten bevorzugt wurde, hatte man den Stein drehbar gemacht. Das Drehen könnte auch auf eine andere Vorstellung zurückgehen. Im alten Volksglauben gibt es die Meinung, dass sich gewisse Steine oder Steinbilder in gewissen Nächten drehen, um ein Schicksalzeichen zu geben. Einer Sage nach wurde dieser Drehstein oft weit weggeschafft und sogar in die Ybbs geworfen, aber immer wieder ist er an seinen Platz zurückgekehrt. Die Menschen um Kematen sagen, wenn es einem gelingt, den Stein mit eigener Kraft einmal um die Achse zu drehen, bringt dies Glück.
Der Drehstein ist ein Teil und eine Station des Schneerosenweges in Kematen an der Ybbs.

Gedanken zum Drehstein


„Ich bin in Aschbach in die Schule gegangen und in Geografie oder Sachunterricht – damals noch „Heimatkunde“ – haben wir gelernt, dass der Drehstein ein Meridianstein ist. Das ist in keinem Buch gestanden, es wurde uns vom Lehrer erzählt. Viele Dinge vergisst man als Kind/Schüler, aber diese Sache ist immer noch gespeichert. Ob es jetzt mit Sicherheit ein Meridianstein ist kann ich nicht sagen, aber mir wurde es halt als Hauptschüler so vermittelt. (Kematen liegt am 14.767778 Längengrad und am 48.026944 Breitengrad, wenn dann wäre der Breitengrad interessant, auch wenn er nicht am 48.00?00liegt, so hat er doch eine null nach der 48!) Zum Drehstein gibt es sicher viele Geschichten, aber ich denke, er steht nicht zufällig an dieser Stelle. Der Drehstein selber ist sicher älter als die Säule darüber. Meist waren vor den christlichen Flurdenkmälern auch schon „heidnische“ Heiligtümer an derselben Stelle, diese sind halt durch die Christianisierung übernommen, „überbaut“ worden. Was mich immer fasziniert hat, wenn Leute aus dem oberen Ybbstal oder von noch weiter weg am Kreuzstöcklberg oben standen, dann kam der Spruch: „Jetzt sama am Land oder jetzt fahren wir aufs Land“, will heißen, jetzt haben wir die Berge hinter uns und die „Ebene“ vor uns. [2]

Einzelnachweise

  • [1]Distelberger, Anton, Geheimnisvolles Mostviertel. Wallfahrtsorte, Heilbründl, Kultsteine, Amstetten 2005.
  • [2]Evi Binder, Wolfsbach